LUV und LEE spricht mit der Stimme von James Bond

Zur Weltpremiere des neuen James-Bond-Films „Keine Zeit zu sterben“ hat LUV und LEE für die aktuelle Ausgabe mit der deutschen Stimme von James-Bond-Darsteller Daniel Craig gesprochen. Synchronsprecher Dietmar Wunder beschreibt seine Arbeit als „Schauspiel im Kopf“.

Die Kult-Filmreihe sollte eigentlich schon im vergangenen Jahr fortgesetzt werden. „James Bond – Keine Zeit zum Sterben“ wurde wegen der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Schließung der Kinos schon mehrfach verschoben. Auch Astrid Muckli, die Kinos in Papenburg, Leer und Aurich betreibt, sehnt sich nach der Öffnung ihrer Kinos nach der Vorstellung des neuen Bond-Streifen. „Das ist immer ein Magnet; denn James Bond hat viele Fans“, sagt sie.

Daniel Craig wird seit seinem ersten Bond-Film „Casino Royale“ von Dietmar Wunder synchronisiert. Der Berliner ist Schauspieler und hat im exklusiven Interview mit LUV&LEE verraten, dass seine Arbeit zugleich seine Leidenschaft ist, wie er die richtigen Töne für den coolen Agenten trifft und was den Mythos James Bond ausmacht.

Dietmar Wunder spricht James Bond seit Daniel Craigs erstem Auftrag im Dienste ihrer Majestät, "Casino Royale". Foto: Krohnphoto.com
Dietmar Wunder spricht James Bond seit Daniel Craigs erstem Auftrag im Dienste ihrer Majestät, „Casino Royale“. Foto: Krohnphoto.com

LUV&LEE: Mehrfach verschoben, jetzt der dritte Anlauf. Sehnen Sie den Start des neuen Bond auch herbei?

Dietmar Wunder: Auf jeden Fall, weil ich wahnsinnig gespannt bin, wie der Film im Kino aussieht. Ich selbst habe ihn nämlich auch noch nicht auf der großen Leinwand gesehen. Ich bin sehr gespannt, wie der Film beim Publikum ankommt; letztlich bin ich selbst auch ein großer Bond-Fan und würde mich wahnsinnig freuen, wenn ich dazu ins Kino gehen könnte.

Da kommen dann bei Ihnen eine eigene Leidenschaft und der Job zusammen. Was macht für Sie den Mythos „James Bond“ aus?

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Ich wollte Schauspieler werden, weil ich als Jugendlicher Sean Connery gesehen habe. Die Figur des James Bond hatte somit für mich schon immer etwas Mystisches. 1953 hat Ian Flemming James Bond erfunden; dann wurde 1962 der erste Bond-Film präsentiert und seitdem, seit fast 60 Jahren, ist der Mythos „James Bond“ ungebrochen. Ich glaube, es liegt daran, dass dieser Heldenepos, vergleichbar mit einer Erzählung aus der römischen oder griechischen Mythologie, bei den Menschen ankommt. Sie identifizieren sich mit dem Helden, der die Welt und auch die schöne Frau rettet. Bei Bond sind es ja  zudem meistens gleich mehrere Schönheiten. Unabhängig davon steht der Wunsch nach einem Retter der Welt, gerne auch mit einem zwinkernden Auge. Selbst wenn es bei den moderneren Bond-Filmen etwas härter zur Sache geht, macht es immer Spaß zuzusehen, wenn jemand die Welt rettet und sie danach ein bisschen besser geworden ist. Man sieht diese Filme und hat danach gute Laune.

Daniel Craig in "Keine Zeit zu sterben". Foto: Nicola Dove, DANJAQ, LLC AND MGM.
Daniel Craig in „Keine Zeit zu sterben“. Foto: Nicola Dove, DANJAQ, LLC AND MGM.

Wer ist Ihr Lieblings-Bond-Darsteller?

Das ist natürlich Sean Connery. Er ist der Ur-Bond. Wenn wir uns aber länger darüber unterhalten würden, müsste ich allerdings sagen, dass Pierce Brosnan ebenfalls sehr gut als Bond war. Nachdem ich seit fast 15 Jahren Daniel Craig begleite, finde ich aber auch, dass er eine absolut gelungene Besetzung für den James Bond der modernen Zeit ist.

Wie lange brauchen Sie, um so einen neuen Bond-Film einzusprechen?

Etwa zwei bis drei Wochen. Das ist schon viel Zeit für so ein großes Projekt, aber trotzdem gibt es immer auch großen Zeitdruck. Zum Beispiel war es bei „Spectre“ so, dass wir am Freitag vor der Weltpremiere noch im Studio waren und letzte Korrekturen vornahmen.

Ist es für Sie noch etwas Besonderes, Ihre Stimme aus den Mündern der großen Stars zu hören?

Es ist für mich immer noch so, dass die Arbeit als Synchronsprecher ein wahr gewordener Traum ist. Ich bin Schauspieler geworden, habe dann angefangen mit dem Synchronisieren und mich dort etabliert. Wenn ich das Ergebnis dann höre, finde ich immer noch faszinierend, dass das Zusammenspiel funktioniert, und freue mich über den Erfolg beim Publikum. Natürlich ist das Ganze auch ein Beruf; aber es ist eine Leidenschaft und ich darf meinen Traum leben.

Sie sind von Haus aus Optiker und wurden dann Schauspieler auf der Theaterbühne. Später ging es ins Tonstudio zur Vertonung von Hollywoodfilmen. Was reizt Sie mehr?

Das Optikerdasein (lacht). 1905 hat mein Urgroßvater „Optiker Wunder“ in Berlin gegründet und der Beruf lag somit in der Tradition. Ich habe also einen vernünftigen Beruf gelernt, dabei aber nie die Leidenschaft für die Schauspielerei verloren. Ich habe abends Schauspielunterricht genommen und mich auf die Bühne vorbereitet. Zur Frage, was mir am meisten Spaß macht: immer das, was ich in dem Augenblick mache. Wenn ich vor dem Mikro stehe und synchronisiere, macht es mir wahnsinnig Spaß; wenn ich auf der Bühne stehe und spiele oder moderiere, begeistert mich das.

Wie wurden Sie die deutsche Stimme von James-Bond-Darsteller Daniel Craig? Waren Sie zuvor schon Craig „zugeordnet“ oder ergab sich das mit Craigs erstem Bond-Film „Casino Royale“?

Daniel Craig wurde zuvor schon von anderen Kollegen synchronisiert. Die Kollegen wurden auch für James Bond gecastet; ich meine, diese Castings gingen über ein halbes Jahr. Die Bond-Produzenten wollten für Daniel Craig eine neue Stimme, die ihn während seiner Bond-Ära dann auch begleiten sollte. Beim Casting hatte ich schon das Gefühl, dass diese Rolle etwas ganz Besonderes sein würde. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass nur ich das machen könnte. Irgendwann aber kam dann der legendäre Anruf von der Synchronfirma, bei dem man mir sagte, dass ich nun für den Geheimdienst Ihrer Majestät arbeiten durfte. Seit 2006 begleite ich nun Daniel Craig durch seine Filmhistorie.

Jeder hat sicher im persönlichen Umfeld Freunde oder Familienmitglieder mit einer markanten Stimme. Wie wird man Synchronsprecher?

In erster Linie hat das Ganze mit Schauspiel zu tun. Wir müssen mit der Stimme Gefühle darstellen und Situationen wahrnehmen und umsetzen. Das Handwerkszeug muss man mit der Schauspielerei lernen. Dazu gehören auch das richtige Einsetzen der Stimme oder Bewegungen vor dem Mikrofon. Eine Stimm- und eine Schauspielausbildung ist die Qualifikation. Wenn jemand meint, er oder sie habe eine schöne Stimme und möchte synchronisieren, soll er oder sie es ausprobieren! Doch bei der Vorstellung kommt die Frage nach der Schauspielausbildung und nach Mikrofonerfahrung. Man sollte aber nie aufhören zu träumen!

Bond an der Bar. Die Stimme des Synchronsprechers muss immer zur Szene passen. Foto: Nicola Dove, DANJAQ, LLC AND MGM.
Bond an der Bar. Die Stimme des Synchronsprechers muss immer zur Szene passen. Foto: Nicola Dove, DANJAQ, LLC AND MGM.

Bond im Gespräch mit schönen Frauen an der Bar oder in Aktion: Die Stimme verändert sich je nach Aktivität eines Menschen. Wie bekommen Sie den richtigen Ton je nach Situation im Film bei der Vertonung im Studio hin?

Dazu gehören mehrere Schritte. Ich schaue mir die Szene im Original an. Nehmen wir als Beispiel von Bond an der Bar. Ich sehe, wie er an der Bar steht, wie seine Körperhaltung ist und wie seine Tonlage im Original ist. Im Studio spiele ich das dann minimalistisch nach und stelle mich an mein Sprecherpult – mit der gleichen Körperhaltung wie er. Auch die Kopfhaltung ist wichtig, dann nehme ich vom Original auch die Mimik. Wenn er lächelt, lächle ich auch; wenn er seinen Mund viel bewegt, bewege ich meinen auch sehr viel. Daniel Craig macht das ja schon sehr cool und spielt sehr zurückgenommen, sehr unaufwändig. Wenn er rennt oder sonst aktiv ist, mache ich die Bewegungen andeutungsweise nach; es darf ja auch nicht zu viel zu hören sein. Als Schauspieler weiß ich aber ja, wie etwas klingen muss.

Das lässt auch vermuten, dass damit eine große Körperbeherrschung notwendig ist. Sie müssen etwas minimal nachspielen, dürfen aber nicht zu viele Geräusche machen. Das ist auch ein bisschen Akrobatik, oder?

Ja, das stimmt, Akrobatik ist ein guter Punkt. Sie brauchen eine unheimliche Körperkontrolle, weil Sie ja auch nicht plötzlich gegen das Mikro schlagen dürfen. Es ist Schauspiel für den Kopf.

Ich habe gelesen, dass die Vertonung von Hörbüchern für Sprecher die Königsdisziplin sein soll. Warum? Sie lesen doch eigentlich nur vor.

Ja, stimmt, eigentlich lese ich nur vor (schmunzelt). Stellen Sie sich vor: Ich habe im Studio vor mir ein Buch mit, sagen wir, 500 Seiten. Ich lese dann zwar die Geschichte „nur“ vor, aber die Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit über mehrere Stunden sind extrem hoch. Mit der eigenen Stimme muss der Bogen der Geschichte gespannt werden. Der Hörer muss erkennen, wenn ich einen Dialog lese, weil die Stimmlage entsprechend variiert wird. Beim Synchron sind zwischen den einzelnen Dialogfetzen Pausen, bei der Vertonung eines Buches muss der Spannungsbogen so gehalten werden, dass sich beim Hörer Bilder im Kopf aufbauen. Ich spiele dann quasi Kopfkino.

Das Interview führte Christoph Assies.

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